Behandlungsanliegen von Rehabilitanden sind sehr individuell. Während manche Patienten bereits vor der Rehabilitation darüber nachdenken, was sie während dieser Zeit erreichen wollen, haben viele von ihnen noch keine konkrete Vorstellung von ihren Reha-Zielen. Deshalb ist es wichtig, diese Ziele zu Beginn der Rehabilitation gemeinsam zwischen  den  Rehabilitanden  und  Behandlern zu erarbeiten und zu vereinbaren.
Individuelle Reha-Ziele können auf verschiedenen Wegen zum Gelingen der Rehabilitation beitragen:
Sie können das persönliche Gesundheitsverhalten der Rehabilitanden beeinflussen (Meyer et al., 2008).
Sie können auf der Ebene der Beziehung zwischen Rehabilitanden und Behandlern der Klärung und Abstimmung dienen (Schliehe, 2009).
Sie können die Prozesse innerhalb der Reha-Einrichtung beeinflussen. Daher sind sie ein Bestandteil der externen Qualitätssicherung für Reha-Einrichtungen, die federführend von der Deutschen Rentenversicherung belegt werden (Deutsche Rentenversicherung Bund, 2009).
Eine erfolgreiche Behandlung chronisch Kranker erfordert eine aktive Mitarbeit der Betroffenen. Die Therapie muss sich an den individuellen Lebensbedingungen und dem jeweils aktuellen Krankheitsstadium orientieren (Deutsche Rentenversicherung Bund, 2009). Häufig ist es notwendig, neues, gesundheitsförderliches Verhalten sowie Strategien für ein aktives Selbstmanagement und einen nachhaltigen Transfer in den Alltag zu erlernen. Dies findet im Rahmen umfangreicher therapeutischer, multidisziplinärer Maßnahmen statt (Ehlebracht-König, 2003; Koch & Petermann, 2006; Meyer et al., 2008). Die Vereinbarung von Rehabilitationszielen hat hierbei eine psychologische Funktion: Sie beeinflusst die Motivation und Planung für gesunde Verhaltensweisen auf Seiten der Rehabilitanden (Schwarzer, 2004).
Theoretische Grundlagen für die Reha-Zielarbeit finden sich also in erster Linie im Bereich der Verhaltensforschung und der Motivationspsychologie. Letztere befasst sich unter anderem mit der Funktionsweise von Zielen, wie sie sowohl in der Arbeitswelt als auch im Gesundheitsbereich zum Einsatz kommen (Kuhl & Heckhausen, 1996; Locke & Latham, 2002; Scobbie et al., 2011).
Moderne Theorien des Gesundheitsverhaltens setzen auf eine Kombination von Motivation (persönliche Vorlieben und Anreize) und Volition (Wille und Selbststeuerung). Der „Health Action Process Approach“ (HAPA) ist eines dieser theoretischen Modelle, auf das wir uns beziehen. Es beschreibt Selbstwirksamkeit, Risikowahrnehmung und Handlungs-Ergebnis-Erwartung als Einflussfaktoren auf das Gesundheitsverhalten (Schwarzer et al., 2008). Diese Faktoren sollten auch in der Reha-Zielarbeit berücksichtigt werden - indem man sie zunächst abfragt bzw. bewusst macht, um sie dann bei der Formulierung von Reha-Zielen zu berücksichtigen.
Neben den vernunftbetonten Elementen ist die emotionale Ausgangslage von Bedeutung. Gerade bei Erkrankungen und Diagnosen, die als einschneidend erlebt werden, sollte bei der Formulierung von Reha-Zielen Wert auf den Bezug zu individuellen Lebensplänen und Wünschen gelegt werden. Diese können beispielsweise durch eine angeleitete „Innenschau“ erschlossen und für die Therapie nutzbar gemacht werden (Storch & Krause, 2007). Die Selbstbestimmung der Ziele spielt dabei eine wichtige Rolle (Deci & Ryan, 2008).
Die individuellen Ziele der Rehabilitation sollten idealerweise zwischen Rehabilitanden und Mitgliedern des Reha-Teams gemeinsam „ausgehandelt“ und formuliert werden (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, 2008; Meyer et al., 2008; Playford et al., 2000; Wade, 2009). Im Anschluss an die Zielformulierung sollten auch die durchzuführenden Therapien gemeinsam abgeleitet und abgestimmt werden. Nicht diskutierte Diskrepanzen zwischen Rehabilitanden- und Behandlersicht können die Zielerreichung beeinträchtigen (Dörner & Muthny, 2006; Meyer et al., 2008).
Insofern spielen auch Kommunikationstheorien (Arzt-Patient-Kommunikation) und Theorien zur Wirkung von Zielen in Teams und Organisationen für die Reha-Zielarbeit eine Rolle. Im Sinne der Patientenorientierung und –beteiligung in der Rehabilitation wird eine partnerschaftliche Kommunikation gefordert. Das Konzept der partizipativen Entscheidungsfindung kann also aus anderen Bereichen der Gesundheitsversorgung für die Rehabilitation übernommen und angepasst werden (Korsukéwitz, 2007; Loh et al., 2007; Simon et al., 2008).
Bei einer erfolgreichen Reha-Zielarbeit werden eine Steigerung der aktiven Mitarbeit der Rehabilitanden (Deutsche Rentenversicherung Bund, 2009), eine höhere Patientenzufriedenheit (Faller, 2003) und letztendlich bessere Behandlungsergebnisse erwartet (Faller, 2003; Meyer et al., 2008).