Worauf beziehen sich Reha-Ziele?

Reha-Ziele müssen für jeden Rehabilitanden individuell und gemeinsam mit ihm (d. h. „partizipativ“) vereinbart werden. Reha-Ziele bezeichnen die übergeordneten Ziele eines Rehabilitanden für die gesamte Phase seiner Rehabilitation:

  • die Vorbereitungszeit auf die ambulante oder stationäre Rehabilitation
  • die Zeit während des Reha-Aufenthaltes oder ambulanten Versorgung
  • die Zeit nach der Rehabilitation zur Weiterverfolgung der individuellen Ziele in den Alltag der Rehabilitanden bis hin zu übergeordneten gesundheitsbezogenen Lebenszielen

Individuelle Reha-Ziele müssen deshalb unterschieden werden von der allgemeinen Zielsetzung der medizinischen Rehabilitation (Deutsche Rentenversicherung Bund, 2009), den Reha-Therapiestandards (2014) und von medizinischen Leitlinien. Gelegentlich kann es auch zu Widersprüchen zwischen den allgemeinen bzw. standardisierten Reha-Zielen und den persönlichen Zielen des Rehabilitanden kommen.

Reha-Ziele können sich prinzipiell auf alle vier Komponenten der ICF beziehen, wobei die Verständlichkeit und Alltagsrelevanz für den Rehabilitanden bedacht werden muss. Sie sollten dann in enger Abstimmung mit den Rehabilitanden in spezifische Therapie-Ziele ausdifferenziert werden. Übergreifende Teilhabe-Ziele können beispielsweise auf konkretere Ziele auf der Ebene von Aktivitäten und Körperfunktionen „heruntergebrochen“ werden (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, 2008; Deutsche Rentenversicherung Bund, 2009). Unter Therapie-Zielen werden zumeist solche Ziele verstanden, die sich auf die Behandlungsmodule der unterschiedlichen therapeutischen Berufsgruppen im Rahmen einer Rehabilitation beziehen.

Den verschiedenen Personen, die am Reha-Prozess beteiligt sind, sollen Reha-Ziele also zur Ausrichtung und Orientierung dienen. Wir verwenden in diesem Zusammenhang den übergreifenden Begriff "Reha-Zielarbeit", der Folgendes umfasst:

  • Bestimmung und Vereinbarung von Reha-Zielen
  • Verfolgung von Reha-Zielen
  • Bewertung der Zielerreichung und ggf. Anpassung

In diesem Sinne benennt der folgende Handzettel (Kasten 1) zehn Schritte mit Formulierungsbeispielen, die im Gespräch mit dem Rehabilitanden zur Vereinbarung von Reha-Zielen sinnvoll sind. Zusätzliche Informationen und Arbeitsblätter zur Dokumentation der Zielvereinbarung finden Sie unter Praxisbeispiele. Diese wurden im Reha-Forschungsprojekt „ParZivar“ entwickelt.

Kasten 1: Handzettel für den Schreibtisch
10 Schritte Formulierungsbeispiele
1 Begründung des Zielgespräches und Ausblick
  • Das Zielgespräch dient dazu, Ihre Anliegen zu klären. Wir wollen mit Ihnen Ihre Behandlung planen. Am Ende  der Reha sprechen wir darüber, welche Ziele Sie zu Hause weiter verfolgen wollen.
2 Probleme und Anliegen des Rehabilitanden klären
  • Was sind derzeit Ihre wichtigsten Anliegen und Wünsche an die Rehabilitation?
  • Was beschäftigt Sie gerade am meisten?
3 Reha-Ziele aus Teilhabe-Zielen ableiten, Zielgröße bestimmen
  • Woran hindern Sie Ihre aktuellen Probleme?
  • Was möchten Sie wieder tun können, was jetzt nicht möglich ist?
4 Zielgrößen konkretisieren, quantifizieren und verankern
  • Wie stark sind Ihre Schmerzen jetzt?
  • Was würden Sie als bedeutsame Veränderung werten? Um wie viele Einheiten (z.B. 10er-Skala) sollten die Schmerzen reduziert sein, wenn Sie die Klinik verlassen?
5 Realismus-Check, lang- und kurzfristige Ziele unterscheiden
  • Lassen Sie uns darüber sprechen, welche Ziele wir realistischerweise in den folgenden drei Wochen erreichen können und welche erst mittelfristig oder langfristig erreichbar sind.
6 Maßnahmen benennen, erläutern und begründen
  • Um Ihre Ziele umsetzen zu können, schlage ich folgende Behandlungen vor: „...“. Bitte geben Sie uns Bescheid, wenn Sie eine Behandlung nicht vertragen oder ein anderes Ziel inzwischen für Sie wichtiger geworden ist.
7 Vereinbarte Reha-Ziele dokumentieren und zusammenfassen
  • Wir haben uns auf die folgende Zielformulierung, Messgröße und das folgende angestrebte Ziel geeinigt: „…“.
  • Sind Sie mit dieser Formulierung einverstanden?
  • Sind hier alle für Sie wichtigen Aspekte genannt?
8 Beiderseitige Unterschrift der Zielvereinbarung
  • Ich habe Ihre Ziele für die Reha auf diesem Blatt notiert. Sie können sich das Ganze noch einmal durchlesen. Habe ich alles richtig verstanden? Wenn Sie damit einverstanden sind, schlage ich vor, dass wir das Blatt nun beide unterschreiben.
9 Ausblick geben -     Wie geht es weiter?
  • Es ist wichtig, dass Sie Ihre Ziele, die Sie sich für den Reha-Aufenthalt gesetzt hatten, zu Hause weiterverfolgen.
  • Damit Sie Ihr Hausarzt dabei unterstützen kann, werde ich Ihre Ziele in den Entlassungsbrief mit aufnehmen.
10 Reha-Ziele nach  Entlassung
  • Welche Angebote haben Ihnen gut getan und geholfen?
  • Wie könnten Sie diese zu Hause weiterführen und zum Bestandteil Ihres Alltags machen?
  • Wer oder was könnte Sie dabei unterstützen?
Quelle: Leitfaden zur Entwicklung von Reha-Zielen im ärztlichen Aufnahmegespräch nach „ParZivar“ (modifiziert nach Dibbelt et al., 2010, 2011; Glattacker et al., 2013)